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Immobilienbewertung im Erbfall

Der Entwurf der Grundvermögensbewertungsverordnung (GrBewV) wurde vom Bundesfinanzministerium vorgelegt. Hiermit sollen für die Erbschafts- und Schenkungssteuer marktnahe Werte ermittelt werden. Die Frage ist, ob sich die für Verkehrswertermittlungen anzuwendende Wertermittlungsverordnung (WertV) so einfach typisieren lässt. Die neuen gesetzlichen Grundlagen finden sich in den §§ 179 sowie 182 ff des Bewertungsgesetztes (BewG). Die Grundvermögensbewertungsverordnung (GrBewV) ist eine Durchführungsverordnung dieser Vorschriften und orientiert sich weitgehend an der WertV. Folgende Besonderheiten sind hierbei zu beachten: 1. Unbebaute Grundstücke werden in gewohnter Weise über die vom zuständigen Gutachterausschuss ermittelten Bodenrichtwerte nach § 196 BauGB bewertet. Der bisherige Abschlag von 20% entfällt allerdings. Bodenrichtwerte gelten immer für Grundstücke in einer bestimmten Zone. Sie sind abgestellt auf typische Nutzungen und typische Grundstücke. Die Anwendung kann also nur dann zutreffend sein, wenn erforderliche Korrekturen für Lage, Größe, Zuschnitt, bauliche Dichte, etc. angebracht werden. 2. Bebaute Grundstücke sind im Vergleichswert-, Ertragswert-, und/oder Sachwertverfahren zu bewerten. 2.1. Vergleichswertverfahren Das Vergleichswertverfahren führt nur dann zu marktkonformen Ergebnissen, wenn zum einen hinreichende Vergleichspreise vorliegen und zum anderen die vorhandenen Vergleichspreise an das Bewertungsobjekt angepasst werden. 2.2. Ertragswertverfahren In der GrBewV ist als Besonderheit im Ertragswertverfahren mindestens der Bodenwert anzusetzen. Damit wird ein nach WertV vorgesehener Liquidationswert vermieden. Dieser ergibt sich immer dann, wenn der Reinertrag geringer als die Bodenwertverzinsung ist, also regelmäßig dann, wenn das Grundstück eine unwirtschaftliche Bebauung aufweist. Die Vereinfachung der GrBewV scheint hier unproblematisch. Anders verhält es sich bei der Restnutzungsdauer eines noch genutzten Gebäudes. Diese beträgt gem. GrBewV mindestens 30% der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer. Mit dieser Mindestregel wird eine Überbewertung von Immobilien verursacht, die nur noch eine geringe Restnutzungsdauer aufweisen. Damit die Finanzbehörde die richtige Restnutzungsdauer bestimmen kann, müssen zukünftig der bauliche Zustand des Gebäudes und der Umfang von Sanierungsmaßnahmen vom Steuerpflichtigen offen gelegt werden. Der Rohertrag ist i.d.R. mit der Vertragsmiete anzusetzen. Mehr- oder Mindererträge sind auf 20% der Marktmiete begrenzt. Dies bedeutet, dass für Objekte mit deutlichen niedrigeren Mieten sich ein überhöhter Wert ergibt. Die anzuwendenden Liegenschaftszinssätze mit denen der Reinertrag über die Restnutzungsdauer kapitalisiert wird werden in die Kategorien Mietwohngrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke, Geschäftsgrundstücke eingeteilt. Diese Kategorisierung ist wesentlich zu grob und führt zu Fehlbewertungen gegenüber dem tatsächlichen Marktwert. 2.3 Sachwertverfahren Ein wesentlicher wertbeinflussender Faktor innerhalb des Sachwertverfahrens ist der Marktanpassungsfaktor (in der GrBewV Wertzahlen genannt). Dies wird aus zurückliegenden Kaufpreisen ermittelt. Für viele Objekte z. B. Produktionsgrundstücke liegen keine Wertzahlen vor. Bei der Ermittlung des Gebäudedachwertes werden statt der Normalherstellungskosten (NHK) die Regelbaukosten in der GrBewV neu eingeführt. Sie entsprechen i.d.R. zwar den NHK zzgl. Baunebenkosten, sind aber auf deutlich weniger Objektart zusammengeführt, als dies bei den NHK der Fall ist. Bei der Alterswertminderung wird auf das Modell der linearen Abschreibung zurück gegriffen. Bei der WertV wird die Abschreibung nach Ross für Wohnhäuser angewendet, da sie die wesentliche Abschreibung im letzten Drittel der Gesamtnutzungsdauer ansiedelt. Die Abschreibung wird in der GrBewV auf 60% des Herstellungswertes begrenzt. Diese vereinfachte Deckelung führt dazu, dass Gebäude mit geringer Restnutzungsdauer regelmäßig zu hoch bewertet werden. Konsequenzen Nach dem alten Bewertungsgesetz betrug als Verhältnis Verkehrswert zu Grundbesitzwert bei Mietwohnhäusern ca. 1,3, d.h. die nach dem alten Gesetz ermittelten Werte lagen ca. 30% unter dem tatsächlichen Verkehrswert. Nach dem neuen Bewertungsgesetz sind in Versuchsreihen annähernd identische Verhältnisse ermittelt worden. Jedoch sind Überbewertungen nach dem neuen Gesetz wesentlich häufiger vorzufinden, insbesondere bei Mietwohnhäusern und so genannten Spezialimmobilien wie z.B. Produktionsgrundstücken. Dies liegt in der oben beschriebenen Typisierung der Liegenschaftszinssätze, dem teilweise falschen Ansatz der Roherträge oder fehlenden bzw. falschen Marktanpassungsfaktoren begründet. Geplant ist das Inkrafttreten der neuen Verordnung zum 01. Juli 2008. Ob diese jedoch in ihrer jetzigen Form umgesetzt wird, bleibt angesichts der anhaltenden Kritik abzuwarten. Im Vergleich zu der bisherigen Regelung werden in Zukunft die tatsächlichen Wertparameter der Immobilie eine entscheidende Rolle spielen. Das bedeutet einen erheblichen Mehraufwand für die Finanzbehörden und für den Steuerpflichtigen. Es ist durchaus ratsam, vor allem bei Immobilien, die vom Standard abweichen einen Gutachter zu Rate zu ziehen. Schließlich weist der Gesetzgeber in seiner Begründung zu § 187 BewG ausdrücklich darauf hin, dass es sich aufgrund der typisierenden Wertermittlung nicht vermeiden lässt, dass die Werte ?in besonders gelagerten Fällen über den tatsächlichen Wert hinausgehen?. Es besteht weiterhin die Möglichkeit einen niedrigeren, gemeinen Wert (Verkehrswert) nachzuweisen. Der Steuerpflichtige steht daher wie bisher vor der Frage, ob ein Verkehrswertgutachten im Ergebnis einen für ihn günstigeren Wert ausweist. Waren bisher Überbewertungen seitens der Finanzbehörden eher die Ausnahme, so ist jetzt wesentlich häufiger mit Werten zu rechnen, die dicht am oder über dem Marktwert liegen. Wird das Gesetz in seiner jetzigen Fassung beschlossen, ist die Zunahme von Wertstreitigkeiten im Erb- und Schenkungsfall vorprogrammiert.